Enkel von Schuldenlawine überrollt ?

Friedrich Merz darf in einem Interview in der ZEIT behaupten: „Denn alles, was von den öffentlichen Kassen jetzt ausgegeben wird, muss von nachfolgenden Generationen bezahlt werden.“ Und er ist bei weitem nicht der Einzige, der so etwas in jedes erreichbare Mikrofon posaunt. Die Aussage erscheint zunächst einmal so plausibel, dass selbst kritische Journalisten nicht dazu neigen, hier mal genauer nachzufragen, was das denn heißt.

Die Leserin, der Hörer oder Zuschauer stellt sich dann seine armen Enkelkinder vor, die noch lange nach seinem Tod schwer schuften müssen, weil wir heute „über unsere Verhältnisse gelebt“ haben. Und wer will das schon seinen Enkelkindern zumuten. Na ja, einige wohl schon, viele aber eher nicht. Und dann machen wir uns halt Sorgen über die weiter wachsenden Schuldenberge des Staates.

Können wir heute verbrauchen, was erst in 30 Jahren produziert wird?

Und das ist genau das, was Herr Merz, Herr Lindner, Herr Brinkhaus und andere erreichen wollen, obwohl sie als wirtschaftswissenschaftlich gut ausgebildete Menschen ganz genau wissen, dass es völlig unmöglich ist, dass wir heute bereits das verbrauchen können, was erst in 30 Jahren von unseren Enkeln produziert wird. Sie wissen genau, dass mit dem Geld, das heute ausgegeben wird, egal wie viel es sein mag, immer nur Produkte und Dienstleistungen gekauft werden können, die auch heute produziert werden. Das heißt, wenn der Staat heute Geld ausgibt, dann macht das zwar viel Arbeit, aber eben heute. Man kann auch sagen: Der Staat schafft Arbeitsplätze, wenn er mehr ausgibt, als er einnimmt.

Und was haben Merz, Lindner und Brinkhaus denn gegen Vollbeschäftigung? Nun, den gut bezahlten Altersruhesitz im Aufsichtsrat eines Dax-Unternehmens, verdient man sich nicht mit Wohltaten für Arbeitslose, sondern nur mit Wohltaten für Aktionäre. Und Aktionäre schätzen Vollbeschäftigung nun mal gar nicht, weil dann die Löhne steigen und die Dividenden sinken würden.

Aber was passiert denn nun mit den vielen Schulden in der nächsten Generation? Wir wissen ja schon: Schuften müssen unsere Enkel dafür nicht, denn alles, was die in ihrer Generation produzieren, kommt auch dieser Generation zugute, muss und kann nur von ihr verbraucht werden, ist nicht weg durch unsere Schulden.

Schulden des Staates sind Guthaben der Bürger

Um zu verstehen, was mit den Schulden passiert, muss man wissen, bei wem der Staat denn die Schulden hat. Wer sind die Gläubiger? Nun, das sind erstmal Leute, die für ihre Altersvorsorge sparen und dafür sichere Staatsanleihen kaufen. Die verkaufen die dann irgendwann wieder, um davon zu leben, aber dann sparen gerade andere Jüngere für das Alter und kaufen diese Staatsanleihen. Aus der Sicht des Staates bedeutet das, dass diese Schulden immer wieder verlängert werden können, also niemals zurück gezahlt werden müssen. Und weil bei wachsenden Einkommen ja immer mehr Leute immer mehr Geld für das Alter sparen wollen, also die Nachfrage nach den Staatspapieren eher steigt, können (und müssen) auch die Staatsschulden weiter steigen, damit die Sparer ausreichend sichere Geldanlagen haben.

Dann gibt es noch die so unglaublich Reichen, die so viel Geld haben, dass sie das gar nicht ausgeben können. Die kaufen auch gern die sicheren Staatsschulden und zahlen dafür sogar noch Minuszinsen, wie wir inzwischen wissen. Diese vererben diese Papiere an ihre Kinder und Enkel, die dann meistens auch wieder so unglaublich reich sind, dass sie das Geld nicht ausgeben können und daher die Papiere wieder an ihre Kinder vererben. Das heißt auch: Je reicher die Reichen werden, desto höher können (und müssen) die Staatsschulden werden.

Es werden an die folgenden Generationen also nicht nur die Schulden vererbt, sondern in gleicher Höhe ja auch die Guthaben. Und so sind alle glücklich: die Sparer, weil sie ihre Guthaben behalten können und der Staat und die Steuerzahler, weil sie so die Schulden niemals zurück zahlen müssen.

Aber kann das wirklich ewig so weiter gehen? Ja und Nein. Dazu will ich aber in anderen Artikeln Stellung nehmen, z.B. hier. Denn die Titelfrage dieses Artikels „Belasten Staatsschulden kommende Generationen ?“ ist hier mit einem eindeutigen Nein beantwortet.

Wo ich gelernt habe:

Foto: Jerzy Sawluk / pixelio.de